Tour-Nummer: 12 / 2006
Es ist stockfinstere Nacht, Wind fegt über die Gleise, Regen trommelt auf das Dach. Wir stehen am Bahnhof Reinbek, in sieben Minuten kommt die S-Bahn aus Aumühle, die uns nach Hause bringen wird. Die Ohren sind voll Musik, die Gedanken jubeln noch nach dem wunderschönen Konzert. Die Bahn fährt ein. Sitzplätze gibt es reichlich. Wir strecken die Beine aus. Und studieren in aller Ruhe noch einmal das Programm zum Konzert, lesen die Lebensläufe der Musiker, freuen uns an den Melodien im Kopf.
Der Konzertsaal in Reinbek am Ostrand von Hamburg ist prächtig. Ein Renaissance-Raum, gebaut von holländischen Meistern, gerade, klar gegliedert, mit bunt bemalten Deckenbalken und bleiverglasten Fenstern. Für die Musiker steht ein Podest mitten im Raum, nah beim Publikum. Bald ist der ganze Raum voll Musik und die Melodien scheinen durch die Fenster auch über die Stadt hinweg zu fliegen.
Schloss Reinbek wurde 1572 bis 1576 für Herzog Adolf von Schleswig-Holstein-Gottorf gebaut und war das erste Schloss in Schleswig-Holstein, das keine kriegerische Funktion hatte. Man kam hierher, um sich zu vergnügen, mit Edelknaben, Jungfrauen, Bediensteten und 277 Pferden. Und man lud Gäste ein. Das ist ein bisschen so geblieben, nur das heute jeder das Schloss besuchen kann: Zu Konzerten, Ausstellungen, Theateraufführungen oder einfach zu einem Besuch des Restaurants.
Viele Menschen flanieren durch die Räume. Festlich gekleidet: Schmale Kostüme, flotte Anzüge, Schlipse in rot und gold und bunt gemustert. Schuhe mit spitzem Absatz. Damen mit hoher Frisur. Bildungsbürger. Beethoven-Freunde. Die Vertreter der heimischen Wirtschaft. Sie alle steigen die breite Eichentreppe hoch. Ein Feuer prasselt im Kamin, vor den Fensterflügeln verneigen sich majestätisch die Bäume. Man konversiert. Genießt die Musik. Stößt in der Pause mit Sekt an. Und kann nicht anders, als sich ein wenig fürstlich zu fühlen. Ein Chauffeur für den Heimweg, finden wir, ist nach so einem Ausflug gerade richtig.
Ö: Das Schloss liegt nur fünf Gehminuten vom Bahnhof Reinbek entfernt. Hier verkehren S-Bahnen Richtung Elbgaustraße über Hamburg-Hauptbahnhof oder ostwärts Richtung Aumühle, bis kurz nach Mitternacht alle 20 Minuten, Fahrzeit bis Hauptbahnhof 27 Minuten.
Schloss Reinbek, Schlossstraße 5, 21465 Reinbek T. 040/727 91 62, Mi.–So. 10:00–17:00 Uhr, www.schloss-reinbek.de.
Museum Rade, Schlossstraße 4, 21465 Reinbek T. 040/ 722 91 58, Mi.–So. 10:00–17:00 Uhr.
Achten Sie bei einem ausgedehnten Spaziergang im Schlosspark auf die großen alten Bäume: Sie sind markiert, und zu jedem gibt es eine Beschreibung, die an der Museumskasse einzusehen ist.
Das Schleswig-Holstein Musik Festival findet jedes Jahr von Mitte Juli–Anfang Sep. statt, in diesem Jahr vom 15. Juli–3. Sep., mit dem Schwerpunkt Niederlande. Das Programm für Reinbek und alle anderen Orte finden Sie unter www.shmf.de, Telefonservice T. 04 31/57 04 70.
Für ein Picknick im Schlosspark werden Sie im Feinkostgeschäft Rathmann fündig. Die Ware ist liebevoll dekoriert wie im Bilderbuch, allein schon ein Blick ins Schaufenster lohnt. Bahnhofstr. 3, 21465 Reinbek, T. 040/722 61 71, Mo.–Do. 8:30– 12:30 Uhr und 14:00–18:00 Uhr, Sa. 8:00–12:30.
Die Speisen im Restaurant Ana sind ein Genuss. Hier wird internationale Küche serviert – mit einem freundlichen Lächeln in gepflegter Atmosphäre. Restaurant Ana, Bahnhofstr. 4, 21465 Reinbek, T. 040/73 09 11 55 ab 18:00 Uhr.
Hier draußen im Grünen hat der Rowohlt-Verlag seinen Sitz – in einem denkmalgeschützen Werk des Architekten Fritz Trautwein aus dem Jahre 1959. Vom Bille-Wanderweg aus kann man den Lektoren bei der Arbeit zusehen – und im Foyer vielleicht noch ein Heft mitnehmen, das über die Neuerscheinungen des Verlags informiert. Hamburger Straße 17, 21465 Reinbek, T. 040/727 20.
Im Schloss Reinbek kann man auch heiraten – und weil der Weg zum Bahnhof so kurz ist, könnten die Gäste statt wie in alten Zeiten mit der Kutsche sogar mit dem öffentlichen Nahverkehr anreisen. Terminabsprachen mit dem Standesamt Reinbek T. 040/72 75 02 55.