Tour-Nummer: 02 / 2018
Die Sonne versteckt sich hartnäckig hinter den Wolken. Es schauert. Strandwetter? Fehlanzeige. Ausgerechnet heute, wo wir mit den Enkelkindern meiner Schwester einen Ausflug unternehmen wollten. Der eine, Max, ein in die Höhe schießender Zwölfjähriger. Der andere, Phil, eineinhalb laufende Meter von acht Jahren. In diesem Alter sind vier Jahre ein ganzer Generationensprung. Wie also bringt man die sehr unterschiedlichen Vorstellungen der Brüder von coolen Ferien an der Ostsee auf einen gemeinsamen Nenner? Mit Abenteuer und Action natürlich. Genau das verspricht die Galileo Wissenswelt auf Fehmarn. „Da kann man Dinosaurier anfassen, in einen Vulkan reingehen und ausprobieren, wie sich ein Erdbeben anfühlt“, verspreche ich. „Cool!“ finden auch Max und Phil. Na denn, man los.
Wir steigen in Lensahn in die Regionalbahn und rollen Richtung Nordnordost, als die Sonne durch die Wolken bricht. „Guckt mal, da sehe ich schon die Brücke!“, sagt Phil – aufgeregt angesichts der Wellen, die auf der Ostsee glitzern, über der die Fehmarnsundbrücke die Halbinsel Wagrien mit der drittgrößten deut - schen Insel verbindet. Aus dem linken Waggonfenster sehen wir, wie Böen die bunten Lenkdrachen der Kitesurfer über den Himmel treiben, rechts lassen sich Segelboote vom Wind über die Ostsee schieben. Was für ein entspannter Anblick. Viel Zeit zum Genießen bleibt uns aber nicht. Schon nach einer guten halben Stunde haben wir unser Ziel erreicht: Burg auf Fehmarn.
Am Bahnhof haben wir etwas Mühe bei der Orientierung – weit und breit kein Hinweisschild zur Galileo Wissenswelt. Ich aktiviere etwas umständlich das Navigationsgerät auf meinem Smartphone, da schaut mir Max über die Schulter und erfasst blitzschnell: „Da geht’s lang.“ Wir marschieren an einem Feld entlang – ein kleiner Umweg, wie sich später herausstellt. Macht aber nichts, denn so konnten wir ein paar leckere Brombeeren vom Wegesrand naschen. Die Galileo Wissenswelt umfasst drei Teilbereiche: Im Übersee-Museum, das zwei Kilometer entfernt am Hafen Burgstaaken gelegen ist, begegnet man den Kulturen der Völker des afrikanischen und asiatischen Kontinents. Wir stehen nach unserem Spaziergang vor dem Eingang zum Technik- und Naturkunde-Museum, wie unschwer an den Riesen-Dinos zu erkennen ist. Die haben es Phil und Max besonders angetan. Also geht’s schnurstracks hinein in den begehbaren Vulkan.
Gleich am Eingang funkeln uns die lila Kristalle eines aufgebrochenen Amethysten entgegen. Ein paar Schritte weiter bleibe ich fasziniert vor einer bizarren Versteinerung stehen. Wie ich auf dem Schild lese, wird das, was ich für eine Ansammlung versteinerter Schnecken hielt, als Ammoniten-Friedhof bezeichnet und entstand vor 125 Millionen Jahren, weil die Schalen der Kopffüßer nach ihrem Tod durch die Meeresströmung zusammengespült wurden. Als ich noch ein echtes Dinosaurier-Ei entdecke, sehe ich Max und Phil aus dem Augenwinkel weiterstürmen.
Schließlich warten die „Giganten der Urzeit“. Eine Panoramatapete und ein Mammutskelett in Originalgröße lassen die Tiere, die vor Millionen Jahren die Erde bevölkerten, wiederauferstehen. Zielsicher hat Phil die größten unter ihnen ausgemacht: „Guck mal, ist der riesig“, staunt er, der sich zu Füßen eines Tyrannosaurus Rex ausnimmt wie ein Zwerg. „Und da, der Velociraptor“, ruft Max. „Der was?“ – „Ve-lo-ci-rap-tor“, buchstabiert er mir geduldig vor. „Das sind doch die klugen Dinos aus Jurassic Park.“ Hätte ich mir denken können, dass sich die Jungs in dieser Abteilung besser auskennen als ich.
Aber bei der nächsten Station geraten auch sie ins Staunen: Max traut sich als Erster auf eine Platte, die sich per Knopfdruck in Bewegung setzt und die Stärke von Erdbeben simuliert. Er hat die Wahl zwischen Trinidad, Kobe in Japan, Fiuli in Italien und den Erschütterungen, die 1992 im deutschen Vogtland zu spüren waren. Max gibt sich entspannt, und lacht: „Das ist echt witzig.“ Aber kaum ist er von der Platte wieder runtergestiegen, gibt er zu: „Mir würde das Lachen schon vergehen, wenn das Ernst wird, so wie Nepal oder in Italien … Wie hieß der Ort noch mal?“ Amatrice. 20 Sekunden hatten im August 2016 gereicht, um über 200 Menschen zu töten und den schönen Ort komplett zu zerstören.
Es warten noch viel mehr Sachen zum Ausprobieren, aber ein Gerät fesselt die beiden Jungs besonders: An einem dicken Kabel hängt ein Mikroskop-Kopf, mit dem der große dem kleinen Bruder durch die Haare fährt. „Du hast ja voll die Läuse!“, versucht Max den Lütten zu erschrecken. Dann ist meine Schwester dran. Phil setzt das Mikroskop auf ihre Fingernägel: „Ey, da ist ja wohl voll der Dreck drunter!“ Dabei hätte ich schwören können, dass meine Schwester sie am Morgen erst sauber gemacht hat.
Tja, lasst die Kinder die Welt entdecken und Geheimnisse entschlüsseln, denke ich im Stillen. Dann machen sie eines Tages vielleicht manches (noch) besser. Bis dahin müssen sie noch ein wenig Kraft sammeln. So wie der kleine Phil, der auf der Rückreise in der Bahn müde und selig lächelnd seinen Kopf an die Schulter seines großen Bruders lehnt.
Claudia Reshöft
Ö:
Ab Kiel mit RE 83 in Richtung Lübeck bis nach Bad Schwartau, von dort mit RB 85 bis Fehmarn-Burg. Ab Lübeck mit RB 85 ohne Umsteigen bis Fehmarn-Burg. Ab Hamburg mit RE 8 bis Lübeck, ab dort weiter mit RB 85. Vom Bahnhof dauert es zu Fuß knapp 15 Minuten bis zur Galileo Wissenswelt: Zunächst in Fahrtrichtung bis zur Straße „Am Steinkamp“ laufen und nach 160 Metern links abbiegen auf den „Landkirchener Weg“. Dann liegt das Ziel nach 650 Metern etwas zurückgesetzt auf der linken Seite.
Info
Galileo Wissenswelt
Mummendorfer Weg 11b, 23769 Fehmarn,
www.galileo-fehmarn.de
Öffnungszeiten: 1. April bis 30. Oktober täglich 10–18 Uhr.
In den Wintermonaten nur am Sonnabend und Sonntag, jeweils von 10 bis 16 Uhr.
Die letzten Besucher werden eine Stunde vor der Schließung eingelassen.
Preise: Für Kinder unter 4 Jahre ist der Eintritt kostenlos. Ansonsten zahlen Kinder 10 Euro und Erwachsene 11 Euro je Museum.
Zur Galileo Wissenswelt gehören neben der „Technik“ und der „Naturkunde“ noch das „Übersee“-Museum und das Partnermuseum „Dunkelexperiment“ – beide sind ebenfalls in Burg (Hafenstraße 69). Für alle vier Orte wird ein Kombi Ticket für 18 Euro angeboten. Für den Fall, dass man nicht alles auf einmal schafft, bleibt das 4er-Ticket drei Jahre gülti
In der Galileo Wissenswelt finden während des Sommers jeden Monat spannende Führungen zu speziellen Themen für bis zu 30 Personen statt. Informationen zu den jeweiligen Schwerpunkten und Terminen sind auf der Homepage unter dem Link „Pädagogik“ zu finden.
Die Galileo-Museen betreiben kein eigenes Restaurant. Über das Technik-Museum gelangt man jedoch in das Bistro des benachbarten Schmetterlingsparks. Das Essensangebot dort ist überschaubar. Also: Picknick einpacken.
Für Kinder ab 6 Jahren ist das Technik-Museum absolut perfekt. Man kann vieles ausprobieren und Geräte mit eigener Körperkraft in Bewegung versetzen. Aber bei den mechanischen Karussells ist es gut, wenn Erwachsene ein Auge drauf haben.
Museen sind oft so spannend gemacht, dass man schon mal ein paar Schritte mehr zurücklegt – und zwar am besten auf flachen Schuhen. Ohne die darf man aus gutem Grund auch nicht auf den Erdbebensimulator.
Im Außenbereich des Naturkunde-Museums können kleine und große Besucher „Gold“ waschen. Gleich gegenüber sind im Sand (Halb-)Edelsteine versteckt. Wer sie findet, darf fünf von ihnen mit nach Hause nehmen. Den Rest bitte für andere Schatzsucher übrig lassen.